Reha nach der Hüft-Op (Teil 5)
„Heute ist Tortentag!“, beschließt Edith mit Blick auf das Tablett vor ihr. Das ist ihre Art zu sagen, dass dieses Mittagessen sie nicht zufrieden macht und sie deshalb sich später in der Cafeteria ein Stück Kuchen gönnen wird. Edith meckert nicht, und sie wird auch dieses Essen aufessen. Dafür bewundere ich sie. Ich dachte immer, ich wäre nicht „so picky“ was Essen angeht, aber ich stelle hier fest, dass ich doch sehr oft mehr als die Hälfte stehen lasse. Es ist meistens nicht fies oder so, es schmeckt mir einfach nicht so richtig.
Mittagessen, gibt es für uns ab halb 12 Uhr, man hat die Auswahl zwischen drei verschiedenen Gerichten, eines ist vegetarisch. Wir können dazu einen kleinen Salat auswählen. Manchmal gibt einen Joghurt oder Pudding zum Nachtisch. Freitag ist Obsttag, dann sind meistens kleine, steinharte Äpfel oder Birnen im Angebot.
Für viele Menschen hier ist Essen eine wichtige Sache. Zumal wir ja kaum ausweichen können. Zum Einkaufen oder auswärts essen, bräuchte man ein Auto. Man kann zwar in der Cafeteria auch Pommes, Pizza oder einen Salat mit Thunfisch kaufen, aber ehrlich gesagt, so viel besser als das Kantinenessen, ist es nicht. Und das geht dann auch ins Geld.
Was dagegen super ist: die Torten und Kuchen in der Cafeteria! Von Kurschatten-Erdbeertorte schwärmte ich ja schon.
Allerdings, gesund ist das bestimmt nicht. Was mich zu der Frage bringt, wo, wenn nicht hier, sollte das Essen gesund sein? Ich hörte, dass sie hier mit 2,50 Euro pro Mittagessen kalkulieren, das erscheint mir nicht viel und ich habe zu wenig Ahnung, um beurteilen zu können, ob sie dafür ihre Sache hier gut machen oder nicht
Lustig ist, wie oft mich das Essen hier an meine Oma erinnert. Eigentlich esse ich ja kein Fleisch mehr, aber wenn ich hier so gutbürgerliche Hausmannkost auf den Tellern der andere sehe und ich so einen komischen Gemüse Bratling habe, erwischt mich der Futterneid. Einmal bin ich jetzt schwach geworden: Rouladen, Kartoffeln und Prinzess(!)böhnchen! Ein Sonntagsessen. Und tatsächlich Roulade und Soße waren lecker, die Bohnen eher nicht so. Bin dann hier eher eine Flexitariarin.
Heikles Thema, das mit den Essen, einerseits will ich gar nicht meckern. Ich denke auch, dass viele mit dem Essen hier ganz zufrieden sind. Und wie sagt es eine Patientin so treffend: „Dat ist halt kein Hotel, da musste nachwürzen, dann geht dat.“ Anderseits, zur einer guten Genesung würde eine bessere Ernährung schon gehören. Nun, ich denke, die Hauptsache sind hier die Therapien, das Training und die medizinische Versorgung, und das ist super. In Sachen Essen, muss man vielleicht die Ansprüche runterschrauben oder selbst aktiv werden. Oder weniger essen. 😉
Für das Frühstück habe ich mir Müsli und Obst mitbringen lassen, jetzt brauch ich nicht abends und morgens Brot mit Käse essen. Das einzige, was ich hier wirklich total gern esse: Knäckebrot! Das hab ich für mich wieder entdeckt! Auch etwas, dass es bei meiner Oma immer gab. Wie Essen mit so emotionalen Erinnerungen verknüpft ist, wirklich spannend.
Aber gut, ich muss nicht einkaufen, nicht kochen, nix aufräumen, nicht spülen - das sollte ich genießen! 😌
Hallo Sandra,
Finde deine Reha-Reportage ist klasse! Und gut, dass du deinen Humor nicht verloren hast - deine Beschreibungen der Mitpatienten sind sehr gelungen😀!
Ich habe selbst auch schon eine Reha wegen der Hüfte hinter mir - ist jetzt 9 Jahre her - aber damals war es wirklich eine Todsünde nur mit einer Gehhilfe unterwegs zu sein - da hat sich also schon etwas getan!
Ich bin mal gespannt, wie es weitergeht und viel Erfolg weiterhin beim Gesund werden🍀👍
LG aus 🇫🇷 von Julia